Freitag, 31. Juli 2009

Turkestan (Km 6700)


































Die grosse Steppe ist durchquert. Ich bin angekommen in Suedkasachstan. Hier ist infolge von angrenzenden Gebirgen und aus diesen entspringenden Fluessen die Bevoelkerungsdichte fuer kasachische Verhaeltnisse relativ hoch. Schade, ich hatte mich gerade an die Einsamkeit gewoehnt. Zurzeit hat es den Anschein, dass ich anstatt der Route der Seidenstrasse eher der Melonenstrasse folge. Melonenverkaeufer am Strassenrand und Melonen transportierende LKWs von hier aus in den Norden des Landes (kann man sich aber kaum vorstellen, dass die bei den Strassen dort heil ankommen) werten die Radelei kulinarisch auf. So ziemlich jeder pausierende Melonentransporter will einem eine Melone schenken. Auch wenn man nur ein Viertel schafft, soll man den Rest doch wegwerfen. Das ist hier gang und gaebe, wie der Blick an den Strassenrand zeigt.
Die Schattenseite von Suedkasachstan (kleiner Wortwitz) ist die steigende Temperatur. Es ist wahnsinnig heiss und es gibt trotz des "Wasserreichtums" irgendwie kaum Baeume, sodass man weiterhin immer in der Sonne faehrt. Gestern bin ich fast kollabiert, habe mich dann die letzten Kilometer nach Turkestan von einem LKW mitnehmen lassen, ich konnte einfach nicht mehr. Als ich dann im LKW sass, wuenschte ich mich aufs Fahrrad zurueck (russischer LKW plus kasachische Strassen ergibt ziemliche Magenschmerzen).
Die Stadt Turkestan kann mit einem Mausoleum aus dem 14. Jahrhundert sogar in der UNESCO-Weltkulturerbe-Liste glaenzen. Neben sportlichen Herausforderungen wird hier also auch mal ganz gross Kultur betrieben.
Ach ja, Henning. Obwohl eure Disco wahrscheinlich schon Ladenschluss hat, habe ich dennoch einen Platz fuer den Aufkleber gefunden. Und wie solls anders sein, in einem Kamelstall. Denn die Kamele sind hier wirklich ueberall. Es ist uebriges ein Babykamel, oohhh.

Freitag, 24. Juli 2009

Aralsk (Km 6000)

Ja, Kasachstan ist nicht Disneyland, die Umstaende werden etwas widrigerer, wie ich die letzten Kilometer erfahren musste. Die Strasse war teilweise wirklich unter aller Sau. Dazu gesellten sich Hitze und sehr spaerliche Schattenspender, und wenn der Wind wehte - und das tat er oft - war er gerne mit Sand vergesellschaftet. Aber diese Piste ist jetzt vorbei, bis China nur noch Asphalt, wie mir versichert wurde. Aber der Rest war super, die Kasachen sind unglaublich nett und gastfreundlich. Und ueberall gibts hier Kamele. Sie rennen in der Landschaft, auf der Strasse und in den Doerfern herum. Bei den klimatischen Bedingungen sind die hier ziemlich praktisch und haben fuer die Leute hier denselben Stellenwert wie in Arabien (so habe ich zumindest gehoert). Allerdings wird, auch wenns die Kasachen nicht gerne hoeren, Kamelmilch wahrscheinlich nicht zu meinem Lieblingsgetraenk werden. Vielleicht war ich aber einfach noch nicht durstig genug..
Hier in Aralsk an den Relikten des Aralsees habe ich zwei Tage pausiert. In einem Relikt, dem sogenannten kleinen Aralsee, der im Gegensatz zum grossen noch sauber, nicht zu salzhaltig und voller Fische ist, habe ich sogar gebadet und bin mit den Fischern auf Fangfahrt gefahren.
Ich vermisse Berlin und die Berliner natuerlich auch, und wenn ich mich einsam fuehle, schaue ich auf die tolle Postkarte mit der huebschen Frau, die mir meine Monubande mit auf den Weg gegeben hat. Mit den Bildern Tschuess, Euer - neben Waden-, Wolga, und Steppenwolfi jetzt auch - Верблюд-Wolfi (Wjerbljud-Wolfi)

Montag, 13. Juli 2009

Aktoebe (Km 5300)

So, Freunde. Die ersten Steppenkilometer sind geschafft. Und allet keen Problem. Die Landschaft ist noch nicht so menschenfeindlich, das einem das Durchfahren zu schwer gemacht wuerde, die Strasse war bisher noch von akzeptabler Qualitaet, und die Leute sind zu freundlich. Hier kommt schon alle 10 min noch mal ein Auto vorbei, jedes zweite begruesst einen durch wildes Hupen, und jedes vierte haelt an. Dabei reicht die Spanne von Ueberredungsversuchen, doch anstatt hier durch die Botanik zu gurken lieber mit ins naechste Bordell zu kommen (hast Du Euro?), bis zum Buisnessman, der einem seine Visitenkarte in die Hand drueckt, ich solle, bei welchem Problem auch immer, sofort anrufen. Hier in Aktoebe bin ich im Gaestehaus einer orthodoxen Kirche untergebracht, da der hiesige Priester ein Freund des kasachischen Ruediger Nehbergs in Uralsk ist, den ich dort auch kennenlernen durfte. Naja, der Vergleich hinkt vielleicht ein wenig. Aber dieser uralsker Weltenbummler hat mit seinem Bruder auch schon viele verrueckte Sachen gemacht, unter anderem die Erde per Motorrad umrundet und mal tausend Kilometer in einem Ozean gerudert.
Die erste Reparatur wurde auch inzwischen faellig. Ein Speichenbruch, den ich zu meiner Schande nicht ohne Ruecksprache mit Jules in Berlin beheben konnte. Dieser Bruch ereignete sich, nachdem ich schon 5000 km ueber teilweise schlimmste Strassen gerumpelt bin, ironischerweise bei einem Absatz in einer sonst fast perfekten Strasse, den ich uebersehen hatte.
Die Steppe ist gross und weit, aber die Strasse bisher immer von Baeumen gesaeumt gewesen. Wenn man eine Anhoehe erreicht hat, und ins naechste Tal schauen kann, unterschaetzt man die Entfernungen leicht. Dann sieht man ein Dorf, und denkt sich, ah super, gleich da. Aber dann sinds noch 30 bis 40 km. Ein Jammer zudem, dass ich nicht ornithologisch bewandert bin, denn was hier in der Luft kreisst, erstaunt selbst den Laien. Adler oder Geier oder weiss der Geier was fuer Voegel, auf jeden Fall grosse, fliegen hier wie bei uns die Schwalben. Auch sehr viele Wiedehopfe, die ja schon ganz schoen funky aussehen.
Nach allgemeiner Information folgen jetzt ca. 400 - 500 km Weg ohne Asphalt. Dafuer gibts dort mindestens alle 100 km eine Stadt oder ein grosses Dorf. Und dann bin ich auch schon am Aralsee, oder dem was davon noch uebrig ist.
Viele Gruesse, Euer Steppenwolfi

Montag, 6. Juli 2009

Uralsk (Km 4700)








Ich bin in Kasachstan! Die Haelfte der Strecke ist jetzt ungefaehr geschafft, und bisher gabs noch keine grossen Probleme. Auch das Fahrrad laeuft wie ne eins, noch nicht mal einen Platten. Ich pflege und hege es natuerlich wie einen Schatz, und fluestere ihm vorm Schlafengehen immer noch eine Gute Nacht ins Sattelrohr.
Die Strecke von Saratow hierher war herzallerliebst, bzw. die Menschen, die ich dort getroffen habe. In einem Dorf wollte ich Wasser kaufen, und wurde gleich in die Schule und zur dortigen Englisch-Lehrerin gefuehrt. Die war ganz aus dem Haeuschen, und konnte neben englisch auch deutsch. Vor drei Jahren kam in dasselbe Dorf ebenfalls ein Fernradler gefahren, ein Amerikaner auf dem Weg nach Almaty. Ich sollte mit den Kindern englisch reden, und sie motivieren, fein Fremdsprachen zu lernen. Als ich sie beruhigen konnte, dass das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park noch steht, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Irgendeine russische Zeitung hat den Abriss dieses Denkmals proklamiert. Am naechsten Tag wurde ich in einem anderen Dorf vom dortigen Schuldirektor aufgegabelt. Er war ebenfalls sehr nett und lustig, und zeigte mir sein Haus und die Schule, die aber kinderlos war. Die Schulen waren dafuer, dass es sich um Dorfschulen in der russischen Provinz handelte, ziemlich gut ausgestattet. Sogar Computer mit Internet gabs in beiden.
Ab der Grenze zu Kasachstan wurde die Landschaft, wie ich es mir vorgestellt hatte. Kaum Baeume, kaum Felder, viel spaerlich bewachsene Wiesen. Die sogenannte Steppe. Die Uebergangszone war ein Paradies fuer Greifvoegel, ueberall segelten sie herum und lagen auch tot am Strassenrand. Des Abends konnte man dann Eulen sehen.
Jeden Tag sieht man auf dieser Strecke bestimmt ein Dutzend litauischer Autotransporter, die entweder deutsche Gebrauchtwagen nach Kasachstan karren oder leer zurueck fahren.
Hier in Uralsk sieht es allerdings wieder wie in Russland aus. Auch die Stadt, recht huebsch. Eine gewisse Vorliebe, historische Gebaeude in mintgruen anzupinseln. Hier sammelte mich ein lustiger Fotograf auf, der mich in vielerlei Hinsicht an unseren Hausmeister Gerhardt erinnert. Er fuehrte mich herum, wir badeten im Fluss Ural, und er liess mich bei sich uebernachten. Auch er hat Internet zu Hause, aber kein fliessend Wasser.
Fazit. So kanns weitergehen.