Sonntag, 23. August 2009

Almaty (Km 7850)













































Verehrteste Leser,
wie zuhause, so trifft man auf Reisen ja viele spezielle und merkwuerdige Leute, doch ist in der Fremde aufgrund der kulturellen Differenzen die gefuehlte Freakdichte natuerlich um einiges groesser, und hier in Kasachstan schon beachtlich hoch. (Deswegen faehrt man ja auch weg, um sich diese Freakshow anzuschauen.) Die schillerndste Figur in dieser bunten Liste der speziellen Persoenlichkeiten durfte ich in dem kleinen Ort Sayram kennenlernen, der mit etwas Historie aufwarten kann und mir deswegen einen kleinen Umweg wert war. Ich lasse hier nichts aus, und die kleinen Orte abseits der grossen Strassen sind eh die nettesten.
In diesem Ort also kam ich unter bei einem ehemaligen Karate- und sonstige Kampfsportarten-Meister, der jetzt hier die Jugend des Ortes in Selbstverteidigung trainiert (die usbekische und kirgisische Grenze ist nah..). Sein zweites finanzielles Standbein aber ist die Zucht von Haehnen fuer den Hahnenkampf. Sogar ein asiatischer Champion kam aus seiner Zucht, so der Typ. Das sind keine gewoehnlichen Huehner, sondern irgendeine Rasse aus Malaysia. Sie sahen auch nicht aus, als ob viel zu essen an ihnen dran ist, aber hatten grosse Krallen. Der liebste Zeitvertreib des Karate-Lehrers aber schien mir neben dem Rauchen der Alkohol, und so schleppte er nach durchzechter Nacht des Morgens zum Fruehstueck schon wieder Bier an, das er, nachdem ich zu trinken abgelehnt hatte, auch ganz bereitwillig alleine trank. Und dann zeigte er mit Kippe und Bier einem Jungen, wie er gegen den Sandsack zu treten haette.
Neben den einheimischen trifft man natuerlich auch auf auslaendische, herumreisende Freaks. Nachdem ich vor 4 Tagen die Bekanntschaft mit 2 vorschriftsmaessigen Hippies in einem vorschriftsmaessigen Hippiebus gemacht hatte, traf ich vor 3 Tagen einen verrueckten - aber sehr angenehm verrueckten - Franzosen, der den Plan hat, mit einem Motorrad die Welt 10 Jahre lang zu durchfahren. 5 Jahre hat er schon. Sogar in der Antarktis ist er ein paar Kilometer gefahren (http://www.thetimelessride.com/ - da gibts nette Fotos, und sogar mich in Aktion).
Ich bin jetzt in Almaty gelandet, der ehemaligen Haupt- und groessten Stadt des Landes. Sehr schoen, direkt am Gebirgsrand gelegen, in 20 Minuten ist man vom Zentrum mit dem Auto in einem Skigebiet, und vielleicht 15 Kilometer vom Zentrum befindet sich ein Gipfel von fast 5000 m Hoehe. Almaty ist zudem eine sehr gruene Stadt, die Strassen gesaeumt von Baeumen, viele groessere und kleinere Parks. Ich bin hier ziemlich im Randbezirk untergekommen, und der Weg nach Hause war zumindest gestern eine kleine Odysee. Trotz der urbanen Bebauung, kraehen aber auch hier morgens die Haehne.
Der Weg von Shymkent nach Almaty war sehr schoen, immer parallel und in Sichtweite der Berge. Ab und zu musste ein leichter Auslaeufer ueberquert werden, und die Abfahrten dann sind toll. Einen kleinen Aufenthalt machte ich am und im aeltesten Naturschutzgebiet Zentralasiens, dem Reservat Aksu-Zhabagly, in dem die Flora und Fauna des westlichen Tianshans geschuetzt werden soll. Von der Fauna bekam ich ausser immens viel Baerenkacke nicht viel mit, aber die Flora! Obwohl mich Bluemchen und Kraeuterchen nicht so schnell vom Hocker reissen, war ich von der Fuelle und Vielfalt derselben schon einigermassen beeindruckt. Baeume sind dort allerdings selten.
Nach China ist es in der Tat nicht mehr weit, etwa 400 km. Es weht schon ein suess-saurer Geruch herueber. Da mein Visum fuer die Volksrepublik aber erst in 3 Wochen beginnt, werde ich noch einen Ausflug per Fahrrad in die Berge und per Zug nach Karaganda und die Hauptstadt Astana machen, die mir als das second Dubai angekuendigt wurde. Bis dann.

Donnerstag, 6. August 2009

Shymkent (Km 6900)




















Hallo Radsportfreunde. Ja, seit dem letzten Eintrag habe ich es nicht so weit geschafft. Ich bin aber auch alles andere als in Zeitnot. Derweil residiere ich in der - ich glaube, man koennte quirligen sagen - Stadt Shymkent, unweit der usbekischen Grenze und am Rand des Tianshan-Gebirges. Von hier aus koennte man, wenn die Haueser nicht waeren, die schneebeckten Gipfel dieses Himmelgebirges sehen. Residieren deshalb, weil ich mir ein Hotel gegoennt habe. So richtig mit zwei Handtuechern, Fruehstueck und Bad im Zimmer. Ist aber trotzdem eine rechte Absteige, was sich natuerlich im Preis wiederspiegelt.
Hier in Shymkent falle ich ohne Fahrrad mal nicht so auf, wie ein Schaf im Kuhstall. Da es in der Stadt Schafe und Kuehe gibt. Ich habe meinen Stil soweit angepasst, das ich ohne weiteres als Russe durchgehe, und bewege mich sozusagen under cover. Das tut mal ganz gut. Auf dem hiesigen Basar habe ich zum guenstigen Preis alles erstanden, was mal wieder noetig war. Darunter eine Hose, eine Kappe und eine Sonnenbrille fuer je etwa einen Euro. Auch einen Rucksack, echt von Diesel!, habe ich mir gegoennt, da ich einen kurzen Abstecher ins Gebirge machen will. Mal sehen wie lang der haelt. Nach Sonnenuntergang werden in dieser Stadt allerdings die selten vorhandenen Buergersteige hochgeklappt.
Kasachstan ist das gastfreundlichste Land, das ich kenne. Kaum vergeht ein Tag, an dem man nicht zehnmal zum Tee eingeladen wird. Und eigentlich braucht man in diesem Land nicht auf Hotels zurueckzugreifen, allerdings ist diese Gastfreundschaft immer etwas ritualisiert, da kann man dann nicht ankommen, und mal seine Kleidung waschen oder das Fahrrad putzen wollen.
Sonst gibt es noch ein paar romantische Steppenfotos. Und fuer das Foto mit Steppe und mir kam mir Betonklotz, der im Nirgendwo am Strassenrand lag, zugute. Das habe ich gleich ausgenuetzt.