Freitag, 4. September 2009

Almaty II (Km 8630)






























So, schon wieder in Almaty. Es ist aber auch zu schoen hier, abgesehen davon, dass der Herbst Einzug zu halten scheint, da es seit drei Tagen regnet. So etwas bin ich schon gar nicht mehr gewoehnt.
Die kleine Exkursion in die Berge war anstrengend aber auch eindrucksvoll. Zu ueberquerende Bergketten und weite, ausgedehnte, karge Hochebenen. Auch einen richtigen Canyon habe ich durchquert und besichtigt, und letztendlich sogar einen Blick auf Kasachstans hoechsten Berg werfen duerfen, den Khan Tengri. Allerdings nur aus der weiten Ferne. Etwas ungeschickt habe ich nach halber Strecke meine Speicherkarte fuer den Fotoapperat geloescht, so dass ich hier leider keine beeindruckenden Fotos liefern kann.
Da das chinesische Visum ein flexibles Einreisedatum hat, und ich schon fruehr als gedacht in das Land des Laechelns einreisen kann, schenke ich mir den geplanten Ausflug in die Hauptstadt Astana, und werde mich morgen auf die Socken bzw. Pedalen nach China machen. Noch vier oder fuenf Tage, dann bin ich da. Wie weit ich in diesem riesigen Land fahre, weiss ich noch nicht. Es wird langsam schon kuehler, besonders in den Naechten, so dass es allzu weit nicht mehr sein wird. Bis Ueruemqi aber auf jeden Fall und dann....
Mit dem Internet soll es in der westlichen Provinz Xinjiang schlecht aussehen, sodass ich mir schon mal an dieser Stelle den Titel Wostok-Wolfi verleihe. Haut rein.

Sonntag, 23. August 2009

Almaty (Km 7850)













































Verehrteste Leser,
wie zuhause, so trifft man auf Reisen ja viele spezielle und merkwuerdige Leute, doch ist in der Fremde aufgrund der kulturellen Differenzen die gefuehlte Freakdichte natuerlich um einiges groesser, und hier in Kasachstan schon beachtlich hoch. (Deswegen faehrt man ja auch weg, um sich diese Freakshow anzuschauen.) Die schillerndste Figur in dieser bunten Liste der speziellen Persoenlichkeiten durfte ich in dem kleinen Ort Sayram kennenlernen, der mit etwas Historie aufwarten kann und mir deswegen einen kleinen Umweg wert war. Ich lasse hier nichts aus, und die kleinen Orte abseits der grossen Strassen sind eh die nettesten.
In diesem Ort also kam ich unter bei einem ehemaligen Karate- und sonstige Kampfsportarten-Meister, der jetzt hier die Jugend des Ortes in Selbstverteidigung trainiert (die usbekische und kirgisische Grenze ist nah..). Sein zweites finanzielles Standbein aber ist die Zucht von Haehnen fuer den Hahnenkampf. Sogar ein asiatischer Champion kam aus seiner Zucht, so der Typ. Das sind keine gewoehnlichen Huehner, sondern irgendeine Rasse aus Malaysia. Sie sahen auch nicht aus, als ob viel zu essen an ihnen dran ist, aber hatten grosse Krallen. Der liebste Zeitvertreib des Karate-Lehrers aber schien mir neben dem Rauchen der Alkohol, und so schleppte er nach durchzechter Nacht des Morgens zum Fruehstueck schon wieder Bier an, das er, nachdem ich zu trinken abgelehnt hatte, auch ganz bereitwillig alleine trank. Und dann zeigte er mit Kippe und Bier einem Jungen, wie er gegen den Sandsack zu treten haette.
Neben den einheimischen trifft man natuerlich auch auf auslaendische, herumreisende Freaks. Nachdem ich vor 4 Tagen die Bekanntschaft mit 2 vorschriftsmaessigen Hippies in einem vorschriftsmaessigen Hippiebus gemacht hatte, traf ich vor 3 Tagen einen verrueckten - aber sehr angenehm verrueckten - Franzosen, der den Plan hat, mit einem Motorrad die Welt 10 Jahre lang zu durchfahren. 5 Jahre hat er schon. Sogar in der Antarktis ist er ein paar Kilometer gefahren (http://www.thetimelessride.com/ - da gibts nette Fotos, und sogar mich in Aktion).
Ich bin jetzt in Almaty gelandet, der ehemaligen Haupt- und groessten Stadt des Landes. Sehr schoen, direkt am Gebirgsrand gelegen, in 20 Minuten ist man vom Zentrum mit dem Auto in einem Skigebiet, und vielleicht 15 Kilometer vom Zentrum befindet sich ein Gipfel von fast 5000 m Hoehe. Almaty ist zudem eine sehr gruene Stadt, die Strassen gesaeumt von Baeumen, viele groessere und kleinere Parks. Ich bin hier ziemlich im Randbezirk untergekommen, und der Weg nach Hause war zumindest gestern eine kleine Odysee. Trotz der urbanen Bebauung, kraehen aber auch hier morgens die Haehne.
Der Weg von Shymkent nach Almaty war sehr schoen, immer parallel und in Sichtweite der Berge. Ab und zu musste ein leichter Auslaeufer ueberquert werden, und die Abfahrten dann sind toll. Einen kleinen Aufenthalt machte ich am und im aeltesten Naturschutzgebiet Zentralasiens, dem Reservat Aksu-Zhabagly, in dem die Flora und Fauna des westlichen Tianshans geschuetzt werden soll. Von der Fauna bekam ich ausser immens viel Baerenkacke nicht viel mit, aber die Flora! Obwohl mich Bluemchen und Kraeuterchen nicht so schnell vom Hocker reissen, war ich von der Fuelle und Vielfalt derselben schon einigermassen beeindruckt. Baeume sind dort allerdings selten.
Nach China ist es in der Tat nicht mehr weit, etwa 400 km. Es weht schon ein suess-saurer Geruch herueber. Da mein Visum fuer die Volksrepublik aber erst in 3 Wochen beginnt, werde ich noch einen Ausflug per Fahrrad in die Berge und per Zug nach Karaganda und die Hauptstadt Astana machen, die mir als das second Dubai angekuendigt wurde. Bis dann.

Donnerstag, 6. August 2009

Shymkent (Km 6900)




















Hallo Radsportfreunde. Ja, seit dem letzten Eintrag habe ich es nicht so weit geschafft. Ich bin aber auch alles andere als in Zeitnot. Derweil residiere ich in der - ich glaube, man koennte quirligen sagen - Stadt Shymkent, unweit der usbekischen Grenze und am Rand des Tianshan-Gebirges. Von hier aus koennte man, wenn die Haueser nicht waeren, die schneebeckten Gipfel dieses Himmelgebirges sehen. Residieren deshalb, weil ich mir ein Hotel gegoennt habe. So richtig mit zwei Handtuechern, Fruehstueck und Bad im Zimmer. Ist aber trotzdem eine rechte Absteige, was sich natuerlich im Preis wiederspiegelt.
Hier in Shymkent falle ich ohne Fahrrad mal nicht so auf, wie ein Schaf im Kuhstall. Da es in der Stadt Schafe und Kuehe gibt. Ich habe meinen Stil soweit angepasst, das ich ohne weiteres als Russe durchgehe, und bewege mich sozusagen under cover. Das tut mal ganz gut. Auf dem hiesigen Basar habe ich zum guenstigen Preis alles erstanden, was mal wieder noetig war. Darunter eine Hose, eine Kappe und eine Sonnenbrille fuer je etwa einen Euro. Auch einen Rucksack, echt von Diesel!, habe ich mir gegoennt, da ich einen kurzen Abstecher ins Gebirge machen will. Mal sehen wie lang der haelt. Nach Sonnenuntergang werden in dieser Stadt allerdings die selten vorhandenen Buergersteige hochgeklappt.
Kasachstan ist das gastfreundlichste Land, das ich kenne. Kaum vergeht ein Tag, an dem man nicht zehnmal zum Tee eingeladen wird. Und eigentlich braucht man in diesem Land nicht auf Hotels zurueckzugreifen, allerdings ist diese Gastfreundschaft immer etwas ritualisiert, da kann man dann nicht ankommen, und mal seine Kleidung waschen oder das Fahrrad putzen wollen.
Sonst gibt es noch ein paar romantische Steppenfotos. Und fuer das Foto mit Steppe und mir kam mir Betonklotz, der im Nirgendwo am Strassenrand lag, zugute. Das habe ich gleich ausgenuetzt.

Freitag, 31. Juli 2009

Turkestan (Km 6700)


































Die grosse Steppe ist durchquert. Ich bin angekommen in Suedkasachstan. Hier ist infolge von angrenzenden Gebirgen und aus diesen entspringenden Fluessen die Bevoelkerungsdichte fuer kasachische Verhaeltnisse relativ hoch. Schade, ich hatte mich gerade an die Einsamkeit gewoehnt. Zurzeit hat es den Anschein, dass ich anstatt der Route der Seidenstrasse eher der Melonenstrasse folge. Melonenverkaeufer am Strassenrand und Melonen transportierende LKWs von hier aus in den Norden des Landes (kann man sich aber kaum vorstellen, dass die bei den Strassen dort heil ankommen) werten die Radelei kulinarisch auf. So ziemlich jeder pausierende Melonentransporter will einem eine Melone schenken. Auch wenn man nur ein Viertel schafft, soll man den Rest doch wegwerfen. Das ist hier gang und gaebe, wie der Blick an den Strassenrand zeigt.
Die Schattenseite von Suedkasachstan (kleiner Wortwitz) ist die steigende Temperatur. Es ist wahnsinnig heiss und es gibt trotz des "Wasserreichtums" irgendwie kaum Baeume, sodass man weiterhin immer in der Sonne faehrt. Gestern bin ich fast kollabiert, habe mich dann die letzten Kilometer nach Turkestan von einem LKW mitnehmen lassen, ich konnte einfach nicht mehr. Als ich dann im LKW sass, wuenschte ich mich aufs Fahrrad zurueck (russischer LKW plus kasachische Strassen ergibt ziemliche Magenschmerzen).
Die Stadt Turkestan kann mit einem Mausoleum aus dem 14. Jahrhundert sogar in der UNESCO-Weltkulturerbe-Liste glaenzen. Neben sportlichen Herausforderungen wird hier also auch mal ganz gross Kultur betrieben.
Ach ja, Henning. Obwohl eure Disco wahrscheinlich schon Ladenschluss hat, habe ich dennoch einen Platz fuer den Aufkleber gefunden. Und wie solls anders sein, in einem Kamelstall. Denn die Kamele sind hier wirklich ueberall. Es ist uebriges ein Babykamel, oohhh.

Freitag, 24. Juli 2009

Aralsk (Km 6000)

Ja, Kasachstan ist nicht Disneyland, die Umstaende werden etwas widrigerer, wie ich die letzten Kilometer erfahren musste. Die Strasse war teilweise wirklich unter aller Sau. Dazu gesellten sich Hitze und sehr spaerliche Schattenspender, und wenn der Wind wehte - und das tat er oft - war er gerne mit Sand vergesellschaftet. Aber diese Piste ist jetzt vorbei, bis China nur noch Asphalt, wie mir versichert wurde. Aber der Rest war super, die Kasachen sind unglaublich nett und gastfreundlich. Und ueberall gibts hier Kamele. Sie rennen in der Landschaft, auf der Strasse und in den Doerfern herum. Bei den klimatischen Bedingungen sind die hier ziemlich praktisch und haben fuer die Leute hier denselben Stellenwert wie in Arabien (so habe ich zumindest gehoert). Allerdings wird, auch wenns die Kasachen nicht gerne hoeren, Kamelmilch wahrscheinlich nicht zu meinem Lieblingsgetraenk werden. Vielleicht war ich aber einfach noch nicht durstig genug..
Hier in Aralsk an den Relikten des Aralsees habe ich zwei Tage pausiert. In einem Relikt, dem sogenannten kleinen Aralsee, der im Gegensatz zum grossen noch sauber, nicht zu salzhaltig und voller Fische ist, habe ich sogar gebadet und bin mit den Fischern auf Fangfahrt gefahren.
Ich vermisse Berlin und die Berliner natuerlich auch, und wenn ich mich einsam fuehle, schaue ich auf die tolle Postkarte mit der huebschen Frau, die mir meine Monubande mit auf den Weg gegeben hat. Mit den Bildern Tschuess, Euer - neben Waden-, Wolga, und Steppenwolfi jetzt auch - Верблюд-Wolfi (Wjerbljud-Wolfi)

Montag, 13. Juli 2009

Aktoebe (Km 5300)

So, Freunde. Die ersten Steppenkilometer sind geschafft. Und allet keen Problem. Die Landschaft ist noch nicht so menschenfeindlich, das einem das Durchfahren zu schwer gemacht wuerde, die Strasse war bisher noch von akzeptabler Qualitaet, und die Leute sind zu freundlich. Hier kommt schon alle 10 min noch mal ein Auto vorbei, jedes zweite begruesst einen durch wildes Hupen, und jedes vierte haelt an. Dabei reicht die Spanne von Ueberredungsversuchen, doch anstatt hier durch die Botanik zu gurken lieber mit ins naechste Bordell zu kommen (hast Du Euro?), bis zum Buisnessman, der einem seine Visitenkarte in die Hand drueckt, ich solle, bei welchem Problem auch immer, sofort anrufen. Hier in Aktoebe bin ich im Gaestehaus einer orthodoxen Kirche untergebracht, da der hiesige Priester ein Freund des kasachischen Ruediger Nehbergs in Uralsk ist, den ich dort auch kennenlernen durfte. Naja, der Vergleich hinkt vielleicht ein wenig. Aber dieser uralsker Weltenbummler hat mit seinem Bruder auch schon viele verrueckte Sachen gemacht, unter anderem die Erde per Motorrad umrundet und mal tausend Kilometer in einem Ozean gerudert.
Die erste Reparatur wurde auch inzwischen faellig. Ein Speichenbruch, den ich zu meiner Schande nicht ohne Ruecksprache mit Jules in Berlin beheben konnte. Dieser Bruch ereignete sich, nachdem ich schon 5000 km ueber teilweise schlimmste Strassen gerumpelt bin, ironischerweise bei einem Absatz in einer sonst fast perfekten Strasse, den ich uebersehen hatte.
Die Steppe ist gross und weit, aber die Strasse bisher immer von Baeumen gesaeumt gewesen. Wenn man eine Anhoehe erreicht hat, und ins naechste Tal schauen kann, unterschaetzt man die Entfernungen leicht. Dann sieht man ein Dorf, und denkt sich, ah super, gleich da. Aber dann sinds noch 30 bis 40 km. Ein Jammer zudem, dass ich nicht ornithologisch bewandert bin, denn was hier in der Luft kreisst, erstaunt selbst den Laien. Adler oder Geier oder weiss der Geier was fuer Voegel, auf jeden Fall grosse, fliegen hier wie bei uns die Schwalben. Auch sehr viele Wiedehopfe, die ja schon ganz schoen funky aussehen.
Nach allgemeiner Information folgen jetzt ca. 400 - 500 km Weg ohne Asphalt. Dafuer gibts dort mindestens alle 100 km eine Stadt oder ein grosses Dorf. Und dann bin ich auch schon am Aralsee, oder dem was davon noch uebrig ist.
Viele Gruesse, Euer Steppenwolfi

Montag, 6. Juli 2009

Uralsk (Km 4700)








Ich bin in Kasachstan! Die Haelfte der Strecke ist jetzt ungefaehr geschafft, und bisher gabs noch keine grossen Probleme. Auch das Fahrrad laeuft wie ne eins, noch nicht mal einen Platten. Ich pflege und hege es natuerlich wie einen Schatz, und fluestere ihm vorm Schlafengehen immer noch eine Gute Nacht ins Sattelrohr.
Die Strecke von Saratow hierher war herzallerliebst, bzw. die Menschen, die ich dort getroffen habe. In einem Dorf wollte ich Wasser kaufen, und wurde gleich in die Schule und zur dortigen Englisch-Lehrerin gefuehrt. Die war ganz aus dem Haeuschen, und konnte neben englisch auch deutsch. Vor drei Jahren kam in dasselbe Dorf ebenfalls ein Fernradler gefahren, ein Amerikaner auf dem Weg nach Almaty. Ich sollte mit den Kindern englisch reden, und sie motivieren, fein Fremdsprachen zu lernen. Als ich sie beruhigen konnte, dass das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park noch steht, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Irgendeine russische Zeitung hat den Abriss dieses Denkmals proklamiert. Am naechsten Tag wurde ich in einem anderen Dorf vom dortigen Schuldirektor aufgegabelt. Er war ebenfalls sehr nett und lustig, und zeigte mir sein Haus und die Schule, die aber kinderlos war. Die Schulen waren dafuer, dass es sich um Dorfschulen in der russischen Provinz handelte, ziemlich gut ausgestattet. Sogar Computer mit Internet gabs in beiden.
Ab der Grenze zu Kasachstan wurde die Landschaft, wie ich es mir vorgestellt hatte. Kaum Baeume, kaum Felder, viel spaerlich bewachsene Wiesen. Die sogenannte Steppe. Die Uebergangszone war ein Paradies fuer Greifvoegel, ueberall segelten sie herum und lagen auch tot am Strassenrand. Des Abends konnte man dann Eulen sehen.
Jeden Tag sieht man auf dieser Strecke bestimmt ein Dutzend litauischer Autotransporter, die entweder deutsche Gebrauchtwagen nach Kasachstan karren oder leer zurueck fahren.
Hier in Uralsk sieht es allerdings wieder wie in Russland aus. Auch die Stadt, recht huebsch. Eine gewisse Vorliebe, historische Gebaeude in mintgruen anzupinseln. Hier sammelte mich ein lustiger Fotograf auf, der mich in vielerlei Hinsicht an unseren Hausmeister Gerhardt erinnert. Er fuehrte mich herum, wir badeten im Fluss Ural, und er liess mich bei sich uebernachten. Auch er hat Internet zu Hause, aber kein fliessend Wasser.
Fazit. So kanns weitergehen.